Die meisten Aufgaben, Situationen, Arbeitsabläufe und Herstellungsprozesse in einem Betrieb
kehren regelmässig wieder und gehören zum Betriebsalltag. Fast immer existieren zu den einzelnen
Arbeitsschritten festgeschriebene Regeln oder Vorgehensweisen, Anleitungen, Checklisten
usw. – und die Berufsleute haben normalerweise eine klare Vorstellung davon, wie diese Situationen
angegangen werden müssen.
Im Gegensatz dazu ist ein Projekt ein zeitlich begrenztes Unterfangen mit dem Ziel, etwas
Noch-nicht-Dagewesenes und Einmaliges zu entwickeln – dies kann zum Beispiel ein neues
Produkt, eine neue Dienstleistung, eine gemeinsame Haltung zu einem Thema oder ein Paket
von Lösungen für ein bestimmtes Problem sein. Normalerweise ist das Ziel eines Projekts von
Anfang an bekannt, nicht aber der Lösungsweg. Meist sind mehrere Personen daran beteiligt,
und es muss fach- und / oder bereichsübergreifend zusammengearbeitet werden.
Projekte in der betrieblichen Grundbildung. Zur betrieblichen Ausbildung gehört beides: Die Lernenden müssen am Ende ihrer Grundbildung sicher in der Lage sein, die alltäglichen Arbeitssituationen zu bewältigen und auch Routinearbeiten gewissenhaft auszuführen. Aber sie sollen auch Erfahrungen mit Projekten sammeln, damit sie lernen, selbst etwas Neues zu entwickeln.
Die Lernenden kennen die Idee der Projektarbeit schon aus ihrer Schulzeit. Damals haben sie zum Beispiel einen Vortrag zu einem selbst gewählten Thema erarbeitet oder in Gruppen eine Schülerzeitung hergestellt. Auch in der Berufsfachschule werden Projekte angegangen, in der Allgemeinbildung ist die VA (Vertiefungsarbeit) sogar Teil des Qualifikationsverfahrens. Projektideen wachsen oft aus der Alltagsarbeit heraus oder sind Bestandteil einer Ausbildungseinheit. Am idealsten ist es, wenn die lernende Person die Initiative zu einem Projekt selbst ergreift, die Idee für das Projekt kann aber auch von Seiten des Betriebs kommen.
Sinnvolle Projekte im Lehrbetrieb sollten nicht im luftleeren Raum stattfinden, sondern eingebunden sein in den Arbeits- und Entwicklungsprozess des Betriebs. Das heisst: Projekte sollten nicht «erfunden» werden, um die lernende Person zu beschäftigen, sondern ein Ergebnis zum Ziel haben, von dem der Lehrbetrieb wirklich profitieren kann. Wenn das Projekt, das die Lernenden planen, entwickeln und realisieren, nicht nur eine Alibiübung ist, sondern dem Betrieb auch einen Nutzen bringt, ist dies für die Motivation förderlich und die Lernenden fühlen sich ernst genommen. In jedem Betrieb gibt es spezielle Anlässe oder Aufgaben, die sich als Projekte für Lernende eignen. Projekte können auch bereichs- oder lernortübergreifend durchgeführt werden und entsprechen damit sinnvollerweise der Forderung nach Vernetzung.
Eine Befragung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), die 2015 bei 500 angehenden Mechatroniker/innen durchgeführt wurde, zeigt, dass die Auszubildenden ein Bedürfnis nach „echter Arbeit“ haben. Sie nehmen dafür auch eine Erhöhung des Stressfaktors in Kauf. Zudem betonen sie, dass ihnen Feedback auf ihre Arbeiten und Projekte wichtig ist.
Projektplanung: Die Berufsbildner/innen sollen die Lernenden auf jeden Fall bei der Wahl eines geeigneten Themas unterstützen. Steht das Thema fest, folgt die Planung. Es gibt für das Planen einer Projektarbeit viele verschiedene Modelle. Hier ein Vorschlag für das Vorgehen in sechs Phasen:
- Ideen sammeln. In dieser ersten Phase gilt es, Ideen für eine Projektarbeit zu sammeln.
- Thema festlegen. Im zweiten Schritt wird das Thema festgelegt. Es heisst, sich mit Inhalten und Zielen zu beschäftigen, den zeitlichen Umfang abzuschätzen, erste Recherchen zu machen.
- Plan entwickeln. Ein genauer Zeitplan ist aufzustellen, Zuständigkeiten festzulegen, Maschinen und Arbeitskräfte zu bestimmen.
- Projekt ausführen. Das Projekt wird gestartet. Termine müssen koordiniert, Abmachungen eingehalten werden. Maschinen werden in Gang gesetzt, Arbeitskräfte instruiert, das Projekt ständig kontrolliert und die Planung angepasst.
- Projekt abschliessen und evaluieren. Ein Produkt steht. Aber es geht nicht allein darum. Wie ist der Prozess verlaufen, wie hätte man ihn anders steuern können und zu welchem Ergebnis hätte man dann kommen können? Die Auseinandersetzung mit Fachleuten ist gefragt, mit der Lehrerin der Berufsfachschule, mit dem Berufsbildner, vielleicht sogar mit Kunden.
- Projekt veröffentlichen. Wenn es Sinn macht, was bereits in der Planungsphase entschieden wurde, wird das Projekt veröffentlicht, z.B. im Betrieb vorgestellt und diskutiert.
Quelle: Handbuch betriebliche Grundbildung, SDBB, 2013